Warm und würzig kann der Ostwind sein. Dann weht er träge am Nachmittag von den Bergen, und in der weichen Luft kann man leise Melodien hören, wenn man ganz still zuhört. Im flirrenden Sommerlicht bringt der Ostwind dann die warmen Farben und reichen Muster der slawischen Volkskunst mit, der baltischen Stoffe, der russischen Matrjoschkas, der ungarischen Trachten, der polnischen Schnitzereien und der ukrainischen Blumenkränze, die die Frauen stolz auf ihren Köpfen tragen, der Ikonenmalerei, der Keramiken und der Stickereien.
Der Ostwind erzählt dann die Geschichten von Dostojewski und Tolstoi, er spielt die Musik von Roma und Sinti, die Lieder aus den vergangenen jiddischen Schtetl, eine Mischung aus Balkanmusik und Klezmer, aus asiatisch-orientalischen Klängen und Folklore.
Aber der Ostwind kann auch beißend und kalt sein, durch alle Glieder wehen und die Wärme mit sich forttragen. Er bringt den Winter, den Verlust, den Schmerz und die Trauer. Alle Muster und Melodien reißt er dann mit sich fort. Der Ostwind kann zum Sturm werden, der alles und alle hinwegfegt.

  • Titel o.T.
  • Jahr 2022
  • Ausführung Acryl auf Nessel
  • Größe 100 x 120 cm