Jeanne Boden über unsere Ausstellung NEXUS Nordlichter

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Nexus Nordlichter: eine reichhaltige Hommage an „den Norden“ und an das Leben


Ein Text von: Jeanne Boden, Brüssel https://jeanneboden.com/
Mehr zur Ausstellung: www.ark-rlp.de


Am 6. August 2020 wird im Haus Metternich in Koblenz die Ausstellung Nexus Nordlichter eröffnet. 22 Künstler haben einen Dialog mit dem Norden geführt. Die Ausstellung umfasst Skulpturen, Installationen, Fotografien und Gemälde, die speziell für diese Ausstellung geschaffen wurden. Die Kunstsammlung bezieht sich auf unzählige künstlerische, kulturelle und mythologische Traditionen aus dem Norden. Der zeitgenössischen Dialoge dieser Künstler mit der Vergangenheit zeigt, wie wir als Menschen in der gesamten Geschichte der Menschheit mit denselben idealistischen Sehnsüchten und existenziellen Ängsten konfrontiert wurden. Unsere Ehrfurcht und Angst vor der Natur und dem Übernatürlichen, unser Drang nach künstlerischem Ausdruck, unsere Sehnsucht nach Sicherheit und Schutz, die zu Institutionen führen, mit denen wir uns als Individuen nicht mehr identifizieren können, unser Bedürfnis nach Symbolik, die Dinge repräsentiert, die höher sind als das Leben, waren die Themen der nordischen Sprachwelt welche die Arbeiten der Künstler dominieren.

Nexus Nordlichter ist eine Hommage an den nordeuropäischen Tanz, Gesang, Musik, Kunst, Literatur, Poesie, Philosophie, aber auch an Mythologie und Natur. Fülle ist das richtige Wort, um diese Ausstellung zu beschreiben: Sie ist tief, lebendig, reflektierend, sensibilisierend und setzt sich mit Vergangenheit und Gegenwart auseinander.

Das Betrachten dieser Ausstellung erfordert nicht nur einen Blick auf die Namen der Künstler und die ästhetischen Objekte, die sie hier und jetzt geschaffen haben, sondern auch eine Untersuchung der Referenzen in den Texten, die ihren Kunstwerken beiliegen. Die gesamten Werke, die den kulturellen Norden abbilden, führen zu einer Art Enzyklopädie, die in alle möglichen Wege und Richtungen führt und uns an viele Orte im Norden bringt, aber vielleicht noch wichtiger, uns tief in unseren eigenen Verstand und unser Herz und unsere existenziellen Kämpfe hineinbringt. Die Künstler haben sich von den nördlichen Ländern Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Island, Sibirien und Russland inspirieren lassen oder sind noch weiter nach Norden in Richtung Nordpol gezogen. Sie haben das Konzept des „Nordens“ als Repräsentation und Symbol untersucht. Der nördliche Raum wird nicht nur ausgiebig erforscht, die Kunstwerke decken auch einen übergreifenden Zeitraum ab. Die Kunstwerke beziehen sich auf Megalithen aus der Jungsteinzeit über Traditionen, die vom 9., 12., 18., 19. und 20. Jahrhundert bis heute zurückreichen. Die künstlerische Untersuchung und der künstlerische Dialog erstrecken sich auf epische, mythologische und schamanistische Traditionen. Sie untersuchen die Evolution der Menschheit und ihre Ansichten zu Natur und Wissenschaft.

Musikalische Referenzen reichen von Komponisten wie Jean Sibelius, Edvard Grieg, Dmitri Schostakowitsch und Peteris Vasks über schamanistische Sami-Lieder bis hin zum Jazz. Philosophische, literarische und poetische Traditionen mit Kierkegaard, Henrik Ibsen und Georg Buchners Woyzeck führten uns zum Existentialismus, zur Gesellschaftskritik, die die Position des einzelnen Menschen in ihrem Verhältnis zur Gesellschaft ideologisch und wissenschaftlich in Frage stellt. Die Inspiration aus der nordischen Kunst umfasst Künstler, die innovativ waren (Hilma af Klint war die erste abstrakte Malerin vor Wassily Kandinsky), existenziell (Edvard Munch), politisch engagiert (Hannah Ryggen) und Künstler, die tief mit der Natur verbunden sind (Akseli Gallen-Kallela).

Nach der Besichtigung der Ausstellung haben die Zuschauer nicht nur viele reiche künstlerische und kulturelle Traditionen des Nordens kennengelernt, sondern auch die intensive Auseinandersetzung jedes Künstlers mit dem Leben, der Gesellschaft, politischen und globalen Tendenzen erlebt. Themen wie die globale Erwärmung, rechtsgerichtete Tendenzen in der heutigen Gesellschaft, die menschliche Verfassung und die existenzielle Krise der Menschheit ziehen sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung. In einer Vielzahl ästhetischer Sprachen haben diese zeitgenössischen Künstler dem Norden und ihren ehemaligen seelenverwandten Kollegen aus längst vergangenen Zeiten Respekt und Ehre erwiesen. Durch die Verbindung mit der Vergangenheit haben sie eine Ausstellung geschaffen, die sehr zeitgemäß ist und heute den Finger am Puls der Zeit hält. Mit dieser Ausstellung tragen sie zum Weckruf über die Zeiten bei, in denen wir heute leben. Das Coronavirus, die Sperrung, der Druck in der Gesellschaft und die zunehmende globale Erwärmung haben uns alle getroffen. Es hat Unsicherheit gebracht, die uns den „Norden“ und unseren Orientierungssinn verloren hat. Es zwingt uns zu existenziellen Überlegungen darüber, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Seit Jahrtausenden haben Schönheit und Kunst jedoch die menschliche Vitalität entfacht. Es wird weiterhin unser Leben funkeln lassen. Das ist unsere Hoffnung für die Zukunft.