Mein neues Kunstwerk beginnt bei einer filigranen, kleinen Fliege, ein Eisenkunstgussstück der Sayner Hütte, das unter dem Namen „Sayner Mücke“ bekannt ist.

Erstaunlich und bewundernswert zugleich finde ich nicht nur die Natürlichkeit und Detailgenauigkeit der Miniaturfliege, sondern bereits ihre Entstehung im Universum einer Manufaktur, die vor allem für große, monumentale und technisch wegweisende Bauwerke bekannt war. Woher nahm der damalige, bis heute nicht namentlich bekannte Kunstformer, der vermutlich Ende des 19. Jahrhunderts in der Sayner Hütte die nur wenige Zentimeter große, gusseiserne Stubenfliege gegossen hat, die dafür notwendige, geradezu liebevolle Aufmerksamkeit, um sich einem so unbedeutenden Wesen wie der Stubenfliege zuzuwenden?

Ich stelle mir vor, dass sie für ihn nicht bloß Objekt oder Kunstgegenstand war, sondern lebendig wie eine echte Stubenfliege, die geboren wurde, flog, frei war und dann wieder im Nichts verschwand. Ich kann sie spüren, diese kleine, zierliche Fliege. Und so erinnere ich mich an die Verse eines persischen Dichters des 11. Jahrhunderts, der in einem seiner Vierzeiler das Leben einer Fliege und das Leben eines Menschen miteinander verglich:

„Ein Tropfen fiel, im Meer er schwamm,
ein Stäubchen auf der Erde zu liegen kam.
Welchen Sinn hat dein Kommen und Gehen in der Welt?
Eine Fliege kam und wieder Abschied nahm.“
Hakim Omar Khayyam (1048-1131), „Rubaïyat“

Ich stelle mir vor, wie in einem bestimmten Moment seines Lebens, beim Betrachten seiner eigenen Bauwerke, der Sayner Ingenieur und Kunsthandwerker sowohl Erstaunen als auch das Gefühl des Verlorenseins empfunden haben kann. Omar Khayyams Gedicht stellt die Verbindung her. Für ihn sind Mensch und Fliege in gleicher Art und Weise einzigartig und dennoch unbeständig und vergänglich, Sekundenwunder des Universums und einen Augenblick weiter doch schon verschwunden.

  • Titel Vergänglicher als der Mensch?
  • Ausführung Eisenrahmen, Kunststoff
  • Größe 100 x 100 x 3 cm
  • Jahr 2024
  • Webseite www.firouzeh-art.de